Tanz auf zwei Hochzeiten – zur Problematik, neben dem Stipendium zu arbeiten

Das Geld reicht hinten und vorne nicht? Die Ersparnisse verdampfen unter dem grellen Licht der Schreibtischlampe? Die Kontostände befinden sich in bedrohlichem Sinkflug? Ein Nebenjob muss her! Aber halt, ganz so einfach ist das nicht.

Denn erstmal muss der*die Stip* überhaupt einen Nebenjob finden. In der Wissenschaft arbeiten (max. 10 Stunden in der Woche erlaubt) oder lieber klassisch malochen, vielleicht sogar im erlernten Beruf (max. 5 Stunden die Woche)? Gar nicht so einfach.

Außer es ergibt sich am Lehrstuhl zufällig etwas, jedoch sind kaum Stellen für 10 Stunden die Woche in der Wissenschaft ausgeschrieben. Bisweilen sind diese Stellen in den letzten Jahren auch ganz verschwunden, denn Bundesländer wie Bayern und Hessen schafften Wissenschaftliche Hilfskräfte gleich komplett ab, ohne zusätzliche Mittel für deren Umwandlung in tarifliche Beschäftigungen als Wissenschaftliche Mitarbeiter*innen zur Verfügung zu stellen. So heißt es dann: „Tut uns leid, aber du bist uns mit deinen Qualifikationen dann doch etwas zu teuer… Dann doch lieber Studentische Hilfskräfte!“. Und geht man klassisch arbeiten, muss man schon einen unglaubwürdig hohen Stundenlohn verdienen, um in die Sozialversicherungspflicht zu kommen. Schnell kommt die Überlegung auf, ob man es als dritte Option nicht einfach sein lässt und lieber schneller promoviert? Der Kontostand sinkt jedoch weiter, der Magen knurrt, die Miete will bezahlt werden und Menschen, die von einem abhängig sind, wollen auch am Leben teilhaben. Auf, auf, einen Job suchen!

Ist man glückliche*r Unterzeichner*in eines Arbeitsvertrages, hören die Probleme aber leider nicht auf. Eine Viertelstelle in der Wissenschaft zieht ganz schön an der Gehirnleistung, und so kommt man plötzlich doch nicht mehr ganz so schnell in der Promotion vorwärts, wie erhofft. Und ob es wirklich beim Arbeitsumfang einer Viertelstelle bleibt, sei in manchen Fällen zumindest angezweifelt. Einige Wissenschaftler:innen berichten anderes, hörten die Autor*innen munkeln… Aber hey, macht sich gut im Lebenslauf und man sammelt Erfahrungen. Und auch ein saurer Apfel macht satt.

Doch lieber außerhalb der Wissenschaft arbeiten gehen? Oder besser noch, Artikel schreiben und Vorträge übers Promotionsthema halten und dafür Geld erhalten? Ja, denkt sich der*die Stip*, das wäre es. Diese Optionen spülen tatsächlich ein wenig Geld in die Haushaltskasse und auch im Lebenslauf schaut das nicht mal schlecht aus. Aber ach, damit profitiert man schon wieder nicht von der Sozialversicherungspflicht. Uff. Einmal im Kreis gedreht.

Grade rechtzeitig fällt dem*der Stip* da ein, dass er*sie sich glücklicherweise nur in allerbester Gesellschaft befindet. Litten nicht einige der größten Philosoph*innen, Forschenden und Entdeckenden an chronischer Armut? Standen ihre Projekte nicht teilweise jahrelang auf der Kippe? Mussten nicht auch sie äußerst kreativ im Geldverdienen werden? Mussten nicht auch sie bisweilen ihre gesamten Ersparnisse aufzehren? Und dabei einfach immer weiterforschen und weiterarbeiten. Und machten diese Menschen nicht Entdeckungen, für die wir sie bis heute verehren? Der Magen kann knurren, der Schimmel die Wände hochkriechen, das Herz rasen, der Schlaf ausbleiben – denn die Forschung ruft!