Mein Name ist Lucia, ich wohne in einer hessischen Universitätsstadt und bin ‚schon‘ seit Anfang 2020 in der Promotionsförderung, denn ich habe aufgrund der massiven Auswirkung der Pandemie auf meine Forschung und als Nachteilsausgleich für gesundheitliche Einschränkungen Stipendiumsverlängerungen erhalten. Ich promoviere in den Geschichtswissenschaften, in der die durchschnittliche Promotionszeit mit gut 6,5 Jahren weit über den normalerweise bewilligten 3 Jahren Stipendienzeit liegt, weshalb es mir von Anfang an ein Anliegen war, mir aufgrund dieses unrealistischen Bearbeitungszeitraums ein weiteres Promotionsjahr durch Ersparnisse zu finanzieren.
Neben den strukturellen und inhaltlichen Schwierigkeiten meines Projektes stellt die große finanzielle Planungsunsicherheit die größte Herausforderung für mich dar. In den fast 2 Jahren zwischen Studiumsabschluss und offiziellem Promotionsbeginn hatte ich neben der Vorbereitung meines Projektes durchschnittlich vier Nebenjobs parallel und konnte mir so, sowie durch die finanzielle Unterstützung meines Vaters, der in diesem Zeitraum meine Kaltmiete gezahlt hat, ein kleines finanzielles Polster ansparen. Dieses schrumpfte aber gleich zu Beginn der Promotion durch die fällige Rückzahlung meines Bafögs – und ich musste da ich im Laufe meines Studiums schon in die Studienförderung eines anderen Begabtenförderwerkes aufgenommen wurde ‚nur‘ gut 2000€ zurückzahlen.
Durch die Aufnahme in ein Graduiertenzentrum an einer anderen Universität wurde ein Umzug nötig, in der Hoffnung auf soziale Kontakte und da ich mir die Miete für eine Wohnung alleine nicht hätte leisten können, zog ich in eine Wohngemeinschaft. Obwohl ich nun mit drei anderen Menschen zusammenwohne und wir uns sämtliche Kosten teilen, muss ich ca. 40% meines Einkommens nur fürs Wohnen aufwenden, die oft angeratene 30-Prozent-Mietregel ist für Promotionsstipendiat*innen absolut unrealistisch. Ich denke meist zwei- bis dreimal darüber nach, ob ich ein neues Paar Schuhe oder ein Kleidungsstück wirklich benötige, und entscheide mich meist dafür, das Geld lieber zu sparen. Überhaupt ist es mir nur möglich im Monat knapp 200€ für mein ‚viertes Promotionsjahr‘ zurückzulegen, da ich mir kaum Ausgaben für Freizeit geschweige denn Urlaube erlaube – denn das ist der einzige Bereich, auf den ich mit einem monatlichen Nettovermögen knapp über der Armutsgefährdungschwelle in Deutschland Einfluss nehmen kann. Zwei jeweils einsemestrige Stellenvertretungen als wissenschaftliche Mitarbeiterin haben eine große finanzielle Erleichterung mit sich gebracht, da ich nicht nur für meine Lohnarbeit bezahlt wurde, sondern dadurch auch die Krankenversicherung abgedeckt war, die für den Großteil meiner Promotionszeit neben der Miete meinen größten Ausgabeposten darstellt. In dieser Zeit musste ich nicht so stark abwägen, ob ich mir so etwas wie ein neues Paar Schuhe leisten kann, das hat sich schon wie ein kleiner Hauch von Luxus angefühlt.
Dafür stand mir aber auch weniger Zeit für meine eigene Forschung zur Verfügung.