Ich bin krank. Eines meiner Organe kann nicht mehr, vielleicht sind es auch mehrere. Im ersten Moment dachte ich, ich könnte dann wenigstens noch am Schreibtisch sitzen. Aber jetzt liege ich auf dem Sofa, kann wörtlich nichts machen. Die Ärztin sagt, ich muss warten, bis es mir wieder besser geht. Wie lange, das weiß sie nicht genau. Tage, Wochen, Monate, vielleicht sogar länger.
Nach einigen Wochen mache ich mir Sorgen. Ich habe eine Krankschreibung. Aber zählt sie auch für die Stiftung? Anruf bei meine*r Referent*in. In der Tat ist es so, dass Krankschreibungen erst ab einem halben Jahr zählen. Was ist, wenn ich in vier Monaten wieder durch die Gegend hüpfe? Nein, diese Zeit kann ich mir dann nicht anrechnen lassen. Ah ha. Okay. Finde ich seltsam, das ist immerhin ein beträchtlicher Teil der Förderzeit. Aber Hauptsache wieder gesund.
Ich bemühe mich, schnell wieder gesund zu werden. Mein Körper macht nicht mit. Ich bekomme es mit der Angst zu tun. Suche die Unterlagen zur Berufsunfähigkeit. Weiß aber schon, was drinnen steht. Meine Berufsunfähigkeitsversicherung weigerte sich vor meiner Promotion mit Stipendium, mich gegen mehr Beitrag höher zu versichern. Ein Stipendium sei kein Einkommen, das könnten sie nicht anrechnen, ich sei sonst überversichert. Bleibe ich weiter krank, kann ich von dort nur sehr wenig erwarten. Die gesetzliche Versicherung würde in meinem Fall sogar greifen, ich erfülle die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren und ich hatte einen Nebenjob an der Uni, womit ich in den letzten fünf Jahren insgesamt drei Jahren Pflichtbeiträge an die Rentenversicherung gezahlt habe. Glück gehabt. Allein, das, was ich dort bekommen würde, würde auch nie im Leben ausreichen. Ich klappe die Ordner frustriert wieder zu. Fühle mich alleine gelassen und gleich zehnmal kränker. Ich bin durch das Loch im System des BMBF gerutscht, und niemand stopft es. Was ist, wenn ich keine Pflichtbeiträge gezahlt hätte, so wie die sehr viele Stipendiat*innen?
Am Ende werde ich nach beinahe zwei Jahren wieder gesund. Nach einem Jahr kann ich wieder anfangen, richtig zu arbeiten. Ich erhalte eine einjährige Verlängerung aufgrund von Krankheit und treffe auf eine*n sehr verständnisvolle*n Stiftungs-Referent*in. Was bleibt ist ein erhöhtes Bedürfnis nach sozialer Absicherung. Eine Karriere in der Wissenschaft ist damit für mich endgültig keine Option mehr. Ich werde schauen, dass ich maximal schnell eine gut bezahlte Stelle bekomme, voll sozialversichert.
Wenn ich heute Stipendieninteressierte treffen, warne ich sie davor, in der Stipendienzeit ernsthaft zu erkranken. Denn das decken die Stipendienbedingungen nur höchst unzureichend ab. Eine Kollegin von mir promovierte – neben vielen weiteren Gründen – deswegen nicht, sondern bleibt auf ihrer festen Stelle. Einige Monate später erkrankte sie schwer.